Inhalt

Erfolgsfaktor betriebliche Klimaresilienz: Sicher und gesund in die Zukunft

Miriam Meschede, Greta Sievert, Lena Tischler

Einleitung

Die globale Durchschnittstemperatur hat im Jahr 2024 erstmals die 1,5 °C-Marke überschritten und lag 1,6 °C über dem vorindustriellen Niveau (Copernicus Climate Change Service, 2025). Der Klimawandel mit seinen Folgen wie Hitzewellen oder Starkregenereignissen ist längst keine abstrakte Zukunftsgefahr mehr, sondern eine reale Herausforderung, die bereits heute erhebliche gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden verursacht. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist im Bundes-Klimaschutzgesetz Klimaneutralität bis 2045 festgelegt (ein gesetzlich festgelegtes Etappenziel ist dabei 65 Prozent weniger CO₂ bis 2030 gegenüber 1990). Auch die neue Regierung aus CDU und SPD bekennt sich zu diesem Ziel.

Klimaneutralität zur Wahrung der Lebensgrundlagen und Sicherung von Wertschöpfung und Wohlergehen kann eine gemeinsame Errungenschaft und ein historischer Meilenstein sein, wenn alle gesellschaftlichen Kräfte an einem Strang ziehen: von Politik und Zivilgesellschaft über Wissenschaft bis hin zur Wirtschaft. Unternehmen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Sie tragen maßgeblich zu Emissionen bei, sind aber auch besonders betroffen von klimabedingten Risiken – und verfügen zugleich über ehebliche Gestaltungskraft für erfolgreichen Klimaschutz und eine wirksame Klimaanpassung.

Ein integriertes Verständnis von Klimaschutz und Anpassung vermittelt das Vier-Ebenen-Interventionsmodell der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (siehe Abbildung 1): Klimaschutz und Klimaanpassung bilden gemeinsam die Grundlage einer zukunftsfähigen Unternehmensstrategie. Erst im Zusammenspiel beider Ansätze entsteht echte Resilienz.

Zahlreiche Unternehmen – von Großkonzernen bis hin zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – begreifen Klimaresilienz längst nicht mehr als „Nice-to-Have“, sondern als wirtschaftlichen Imperativ und Teil zukunftsorientierten Handelns. Sie investieren in Energieeffizienz, nachhaltige Technologien, zirkuläre Geschäftsmodelle und widerstandsfähige Lieferketten (Terent‘ev, 2021). Allein 2020 investierten rund 460.000 KMU in Deutschland insgesamt 22 Milliarden Euro in Klimaschutzmaßnahmen (KfW Bank aus Verantwortung, 2021). Laut Bitkom verfolgt über die Hälfte der deutschen Unternehmen bereits eine konkrete Nachhaltigkeitsstrategie (DATEV News-Redaktion, 2022). Diese Entwicklungen verdeutlichen: Klimaresilienz ist zunehmend fest in der Unternehmenspraxis verankert.

Wie dieser Transformationsprozess gelingt, hängt auch von politischen Rahmenbedingungen ab. Praxisnahe Zielvorgaben, Planungssicherheit und gezielte Investitionsanreize erleichtern es Unternehmen, Klimaschutz und Anpassung strategisch zu verankern und wirtschaftliche Chancen zu verwirklichen, etwa durch Innovation, neue Geschäftsmodelle und langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend dafür ist ein lösungsorientierter Dialog zwischen Wirtschaft und Politik.

Klimawandelbedingte Unternehmensrisiken werden immer weniger versicherbar

Der Klimawandel verursacht schon jetzt erhebliche wirtschaftliche Schäden, welche sich in den kommenden Jahren – analog zur fortschreitenden Erdüberhitzung – intensivieren werden. Versicherungsunternehmen und Fachinstitutionen warnen vor zunehmenden Verlusten durch klimabedingte Extremwetterereignisse. So beziffert die Rückversicherung Munich Re die weltweiten Schäden durch Naturkatastrophen im Jahr 2024 auf 320 Milliarden US-Dollar, wobei weniger als die Hälfte der Schäden versichert war (Frankfurter Rundschau, 2025). „Eine Welt in Flammen ist nicht mehr versicherbar“, warnte jüngst auch der Vorstand der Allianz SE Günther Thallinger (Merkur, 2025). In Hochrisikogebieten wie Kalifornien ziehen sich Versicherungen entsprechend bereits zurück, was betroffene Betriebe ohne Schutz existenziellen Risiken aussetzt (Wrede, 2024). Dies hat tiefgreifende Folgen für die Wirtschaft, denn ohne Versicherungen sind Hypotheken und langfristige Investitionen nicht tragfähig (Frankfurter Rundschau, 2025). Eine im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte Studie schätzt die klimawandelbedingten gesamtwirtschaftlichen Schäden in Deutschland im Zeitraum von 2000 bis 2021 auf mindestens 145 Milliarden Euro (Autorinnen des BND et al., 2025) – und diese Entwicklung wird sich zuspitzen: Prognosen zufolge könnten sich die kumulierten Kosten der Erderwärmung im Zeitraum 2022 bis 2050 für Deutschland je nach Szenario – also bei schwachem, mittlerem oder starkem Klimawandel – auf 280 bis 910 Milliarden Euro belaufen (Flaute et al., 2022). Wie konkret Unternehmen hiervon betroffen sein könnten, zeigt eine Studie der Boston Consulting Group (2024): Sie geht davon aus, dass physische Klimarisiken – etwa durch Extremwetter, Betriebsunterbrechungen oder beschädigte Infrastruktur – bis 2050 zwischen fünf Prozent und 25 Prozent der Unternehmensgewinne gefährden könnten.

Die tatsächliche Höhe der volkswirtschaftlichen Verluste hängt maßgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels wie auch zur Anpassung ergriffen werden. Eine von Flaute et al. (2022) durchgeführte Szenarioanalyse zeigt, dass erhebliche positive Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch eine konsequente Anpassungspolitik erwartbar sind (siehe Abbildung 2).

Im Folgenden werden verschiedene Klimafolgekosten dargestellt.

Klimafolgekosten durch Hitze und Extremwetterereignisse

Extremwetterereignisse wie Hochwasser, Hitzewellen und Dürren verursachen zunehmend direkte Schäden an Produktionsstätten, Gebäuden und Infrastruktur, stören Lieferketten und führen zu steigenden Energie- und Versicherungskosten (Flaute et al., 2022). Zwischen 2000 und 2021 beliefen sich die Schäden durch Starkregen und Überschwemmungen in Deutschland auf 71 Milliarden Euro. Allein im Ahrtal entstanden 2021 Schäden von 40,5 Milliarden Euro (Flaute et al., 2022; Spiegel Wirtschaft, 2021). Studien prognostizieren bei ungebremstem Klimawandel eine Versechsfachung dieser Schäden bis 2050 (Forzieri et al., 2018). Die Hitzewelle im Jahr 2003 verursachte unter anderem gravierende Ernteausfälle und erhöhte Energiekosten (Ciais et al., 2005), wobei prognostiziert wird, dass Dürren künftig 1,7-mal häufiger auftreten könnten (IPCC, 2022). Im Jahr 2018 beantragten etwa 8.000 Landwirt*innen Dürrehilfen (Schmidt, 2025; Autor:innen des BND et al., 2025) und niedrige Rheinwasserstände verursachen zudem zunehmend Probleme für die Binnenschifffahrt (Kahlenborn et al., 2021). Hitzebedingte Krankenhauskosten können pro Tag bis zu 9,5 Millionen Euro betragen (Flaute et al., 2022), was das Gesundheitssystem zusätzlich belastet (Hertig et al., 2023). Am Beispiel der Dürre in Taiwan im Jahr 2021, mit Folgen für die dortige Halbleiterindustrie und wiederum weitrechenden Folgen für die Weltwirtschaft, zeigt sich die Vulnerabilität globaler Lieferketten (Hirschle, 2021). Rund sechs Prozent der deutschen Importe stammen aus besonders klimaanfälligen Ländern (Schmidt, 2025).

Klimafolgekosten durch gesundheitliche Belastungen und Arbeitsausfälle

Der Klimawandel betrifft Unternehmen auch dadurch, dass er in vielfältiger Weise die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigt. Hitze gilt aktuell als das größte klimawandelbedingte Gesundheitsrisiko in Deutschland (BKK Landesverband Nordwest, 2021). Sie erhöht nachweislich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenfunktionsstörungen, Hitzschlag und Kreislaufversagen. Auch Konzentrationsstörungen, Erschöpfung, eine erhöhte Unfallgefahr sowie eine gestiegene Konfliktbereitschaft werden mit Hitzebelastung in Verbindung gebracht (Ranson, 2014; Bauer et al., 2022). Entsprechend der repräsentativen Beschäftigtenbefragung der DAK fühlen sich etwa 23 Prozent der Beschäftigten während Hitzewellen stark belastet. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, ihre Leistungsfähigkeit sei bei hohen Temperaturen eingeschränkt und 42 Prozent berichten über Konzentrationsprobleme (DAK Gesundheitsreport, 2024). Der Arbeits- und Gesundheitsschutz sieht entsprechend vor, dass die Temperatur in Arbeitsräumen 26 Grad Celsius nicht überschreiten sollte, andernfalls sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Ab 35 Grad Celsius darf gemäß Nr. 4.4 Abs. 3 der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR A3.5 – Raumtemperatur) ohne spezifische Schutzmaßnahmen für Hitzearbeit nicht mehr gearbeitet werden. Beschäftigte, die körperlich belastende Tätigkeit ausüben, ältere Personen, Kinder, Schwangere sowie Menschen mit Vorerkrankungen sind besonders von Hitze betroffen (Frasch et al., 2025). Zusätzliche Risikofaktoren stellen ein geringer sozioökonomischer Status, ein eingeschränkter Zugang zu präventiven Maßnahmen, Übergewicht, Medikamenteneinnahme, eine geringe körperliche Fitness sowie ein prekäres Beschäftigtenverhältnis dar (Bühn & Voss, 2023, Dahlgren & Whitehead, 1991).

Hitzeperioden führen zudem zu massiven Produktionseinbußen. Allein im Jahr 2022 fielen in Deutschland schätzungsweise 34 Millionen Arbeitsstunden aufgrund extremer Hitze aus, besonders betroffen waren Beschäftigte im Bau- und Agrarsektor (Romanello et al., 2023). Studien beziffern für 2021 bereits 21 Millionen verlorene Arbeitsstunden (Romanello et al., 2023).

Neben Hitzebelastung erhöht die verstärkte UV-Strahlung das Risiko für Hautkrebs, insbesondere bei Tätigkeiten im Freien (BfS, 2025). Zunehmende Ozonkonzentration an heißen Tagen verschärfen Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Wilke, 2023). Zudem begünstigen steigende Temperaturen die Ausbreitung vektorübertragener Infektionskrankheiten wie Borreliose oder West-Nil-Fieber durch Zecken und Mücken, eine Gefahr für Beschäftigte in Land-, Forstwirtschaft und Baugewerbe (Beermann et al., 2023; Paupy et al., 2009). Auch die Pollensaison verlängert sich durch frühere Blütezeiten und die Ausbreitung neuer Allergene wie Ambrosia, was allergische Erkrankungen wie Heuschnupfen und Asthma verstärkt und die Arbeitsfähigkeit, insbesondere bei Tätigkeiten im Freien, beeinträchtigen kann (Bergmann et al., 2023; BfR, 2024).

Neben diesen physischen Gesundheitsrisiken hat der Klimawandel auch Auswirkungen auf die mentale Gesundheit der Beschäftigten. Der Klimawandel kann insbesondere durch seine komplexen, unüberschaubaren und individuell wenig beeinflussbaren Auswirkungen eine enorme emotionale Belastung darstellen und Stress verursachen (Peter et al. 2021, Rieken et al. 2021). Studien zeigen, dass Menschen, die von Naturkatastrophen betroffen sind, häufiger unter Angststörungen und Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen leiden (Heinz et al., 2023, Clayton, 2017).

Insgesamt führen diese klimawandelbedingten Gesundheitsrisiken zu steigenden Fehlzeiten, höheren Krankheitskosten, einem wachsenden Bedarf an Präventionsmaßnahmen und sinkender Produktivität, mit spürbaren betriebswirtschaftlichen Folgen (BKK Landesverband Nordwest, 2021). Frühzeitige Anpassungs- und Schutzmaßnahmen sind daher nicht nur aus gesundheitlicher, sondern auch aus unternehmerischer Sicht dringend geboten.

Weitergedacht: Nachhaltigkeit als Treiber für wirtschaftlichen Wandel und Wettbewerbsfähigkeit

Klimaresilienz als wirtschaftliche Notwendigkeit

Die Fakten sprechen für sich:  Produktionsprozesse und Lieferketten müssen widerstandsfähiger, Abhängigkeiten in vulnerablen Bereichen reduziert und die klimawandelbedingten Gesundheitsrisiken der Beschäftigten berücksichtigt werden. Gleichzeitig müssen CO₂-Emissionen sinken, um das Voranschreiten des Klimawandels aktiv zu verhindern. Nur eine rechtzeitige und umfassende Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen schützt langfristig vor den geschilderten Anpassungskosten und finanziellen Risiken (Flaute et al., 2022). Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz angesichts der Folgen von Hitzebelastungen und Extremwetter ist dabei einer von vielen Bausteinen der Klimaresilienz. Viele Unternehmen befinden sich bereits auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft, treiben diese entschieden voran und betrachten die Transformation bei allen Herausforderungen vorrangig als Chance (siehe zum Beispiel Berlin Recycling, BG Kliniken und Unfallkrankenhaus Berlin, Hamburg Port Authority oder Siemens).  

Manche unterschätzen jedoch weiterhin die klimawandelbedingten Risiken ebenso wie die Potenziale nachhaltigen Wirtschaftens (Handelsblatt Research Institute, 2021) – oder sie scheitern angesichts der Hürden, die bei der Umstellung auf nachhaltiges Wirtschaften mitunter unüberwindbar erscheinen. Unternehmen, die jedoch einmal ihre Transformation zu klimagerechter Arbeit begonnen haben, drehen das Rad nicht mehr zurück: Trends zeigen, dass mittelständische Unternehmen, die in Klimaschutz investieren, ihr Engagement in diesem Bereich trotz des aktuellen Rückgangs der allgemeinen Investitionstätigkeit in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert haben. Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Investitionshöhe in Klimaschutzmaßnahmen bei 146.000 Euro pro Unternehmen. Das entspricht einem Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Brüggemann et al., 2024) – ein Zeichen dafür, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht nur als ökologisch notwendig, sozial verantwortlich und als Beitrag zu sicherer und gesunder Arbeitsumgebung betrachtet wird, sondern auch als wirtschaftlich sinnvoll.

Energieeffizienz und Erneuerbare: Doppelte Vorteile

Die Umstellung auf erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz bringt ökologische wie wirtschaftliche Vorteile. Erneuerbare Energien senken die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und sorgen für stabilere Energiekosten (BEE, o. D.). Herausforderungen bestehen noch bei der Versorgungssicherheit bei geringer Sonnen- und Windverfügbarkeit, insbesondere nachts und im Winter. Leistungsfähige Speicher sind hier entscheidend. Gleichzeitig senken Effizienzmaßnahmen Verbrauch und Betriebskosten. Zwischen 1995 und 2013 sparte die deutsche Industrie durch Energieeffizienz rund zehn Milliarden Euro, Handel und Dienstleistungen sogar bis zu 20 Milliarden Euro ein (Kahlenborn et al., 2019).

Kreislaufwirtschaft als Resilienz- und Klimastrategie

Recycling und die Nutzung von Sekundärstoffen können die Abhängigkeit von ressourcenintensiven sowie klimawandelbedingt anfälligen Lieferketten verringern und die Erreichung der Klimaziele unterstützen. Durch die Verwendung von Stahlschrott spart Deutschland beispielsweise jährlich 20 Millionen Tonnen CO2. Dies entspricht einer Reduktion der Gesamtemissionen von 60 Prozent und senkt gleichzeitig die Kosten der Stahlproduktion erheblich (Kahlenborn et al., 2019).

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Nachhaltig wirtschaftende Unternehmen sichern sich langfristige Marktchancen und sind robuster gegenüber Krisen (IEA, 2022). Unternehmen ohne nachhaltige Strategien riskieren dagegen Marktverluste (Fratzscher, 2022). Zudem schaffen nachhaltige Technologien neue Perspektiven – auch für den Arbeitsmarkt: Bis 2030 könnten weltweit 25,5 Millionen neue Jobs in Bereichen wie erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft oder nachhaltiges Bauen entstehen (Detsch, 2023). Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit in diesen Bereichen, etwa im Umgang mit Recyclingstoffen.

Nachhaltigkeit wird auch im Wettbewerb um Fachkräfte zunehmend entscheidend. Besonders jüngere Generationen bevorzugen Unternehmen mit aktiver Klimaschutzstrategie (Deloitte, 2022). Unternehmen, die „Green Skills“ wie Umweltmanagement oder nachhaltige Produktionsverfahren fördern, bieten nicht nur sinnstiftende Arbeit, sondern stärken auch Sicherheit, Weiterbildung und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Auch bei der Berufswahl junger Menschen spielen umweltfreundliche Geschäftsmodelle eine wachsende Rolle (IAB, 2023).

Konsumverhalten im Wandel

Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur für Beschäftigte von Bedeutung, sondern prägt zunehmend auch das Konsumverhalten. So gaben im Rahmen einer Studie, die im Jahr 2023 Wünsche von Bürger*innen aus acht Ländern vergleicht, 76 Prozent der Befragten an, dass das Thema Nachhaltigkeit beim Einkaufen für sie eine große Rolle spielt. Und mehr noch: Im Schnitt wären 22 Prozent der Befragten bereit, mehr für ein Produkt zu zahlen, bei dem die CO2-Emissionen nachweislich vollständig vermieden oder kompensiert wird (NiM, 2023). Darüber hinaus würden 85 Prozent der Befragten ihre Kaufentscheidungen ändern, wenn ein Unternehmen nicht aktiv gegen den Klimawandel vorgeht (Schmidt, 2025). Ein starkes Engagement für den Klimaschutz stärkt somit nicht nur das öffentliche Image, sondern fördert auch die Bindung der Kundschaft.

Regulatorische Anforderungen als Chance für gemeinsame Standards

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen gewinnt auch die regulatorische Dimension zunehmend an Bedeutung. Die nationale und internationale Gesetzgebung verschärft die Anforderungen an Unternehmen in Bezug auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Durch die 2023 in Kraft getretene, allerdings noch nicht in nationales Recht umgesetzte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), sind mehr Unternehmen zu einer detaillierten, extern geprüften Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Fokus auf ESG (Environmental, Social and Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) verpflichtet. Dabei stehen Lieferketten, CO₂-Emissionen und soziale Verantwortung im Mittelpunkt (RSM International Association, 2024). Auch werden Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz zunehmend zum Kriterium bei der Vergabe von Aufträgen, Fördermitteln und Krediten. Die EU-Taxonomie sowie die CSRD-Berichtspflicht verpflichten Unternehmen, ihre nachhaltigen Aktivitäten offenzulegen. Für Unternehmen, die diesen Anforderungen nicht nachkommen, könnte es daher zunehmend schwerer werden, Investitionen und Finanzierung zu erhalten (Reppmann et al., 2024). Aktuell wird eine Anpassung der CSRD intensiv diskutiert, insbesondere in Bezug auf eine mögliche Entlastung von KMU. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Berichtspflichten für bestimmte Unternehmen zu verschlanken, um den administrativen Aufwand zu reduzieren. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die aktuellen politischen Diskussionen zu einer Modifikation der Berichtspflichten führen und wie sich diese wiederum auf unternehmerische Entscheidungen auswirkt. Für Unternehmen stellen Unsicherheiten über zukünftige regulatorische Anforderungen ein erhebliches Problem dar, da unklare Vorgaben der Politik die strategische Planung erschweren und Investitionsentscheidungen verzögern. Wünschenswert wäre eine pragmatische Prüfung der bestehenden Regularien hinsichtlich möglicher Vereinfachungen und Verschlankungen – ohne jedoch das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität aus dem Blick zu verlieren.

Gleichzeitig kann leicht übersehen werden, dass diese Regelwerke strategische Chancen bieten. Es kann durch die konkrete Standardisierung „Greenwashing“ weniger wahrscheinlich machen. Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie an die EU-Taxonomie anpassen, profitieren zudem von verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten und Zugang zu nachhaltigen Investitionen, deren Volumen stetig steigt (Europäische Kommission, 2023).  Ähnlich verhält es sich mit der Einhaltung der CSRD-Richtlinie: Eine gut durchdachte und authentische CSR-Strategie kann die Identifikation, das Markenimage und die Wahrnehmung des Unternehmens auf verschiedene Weise positiv beeinflussen, was wiederum zu einer stärkeren Bindung der Kundschaft und damit zu einem Wettbewerbsvorteil führen kann (PwC, 2024).

Ausblick: Notwendige gemeinschaftliche Kraftanstrengungen

Die ökologische und wirtschaftliche Modernisierung erfordert vorausschauendes Handeln aller gesellschaftlichen Akteure – insbesondere von jenen, die wirtschaftliche, regulatorische und strukturelle Rahmenbedingungen mitgestalten können. Klimaresilienz ist in Zukunft eine Grundvoraussetzung für sicheres und gesundes Arbeiten – und wird daher zunehmend zu einem strategischen Element zukunftsfähiger Unternehmensführung: frühzeitige Investitionen in resiliente Strategien werden Risiken minimieren, langfristige Effizienzgewinne realisieren und neue Marktchancen erschließen.

Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige und anpassungsfähige Strukturen investieren, können nicht nur Umwelt- und Klimaziele unterstützen, sondern auch die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten schützen. Durch ihre Innovationskraft und ihre Marktmacht können sie Treiber für die effiziente Umsetzung von nachhaltigen Veränderungen sein und den Wandel aktiv vorantreiben. Um diesen Weg erfolgreich zu gehen, brauchen sie Verlässlichkeit in der politischen Rahmensetzung, geeignete Anreize und langfristige Planungssicherheit. Ein kohärenter Rahmen mit praxistauglichen Regeln und zeitgemäßen Standards, gemeinsame Investitionen in Infrastruktur, Technologien und Qualifizierung können dabei unterstützen, klimaresiliente Arbeit zum Standard zu machen – und damit wirtschaftliche, soziale und ökologische Stabilität bewahren: für heutige und künftige Generationen.

 

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