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Die Politikwerkstatt "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt"

Über ein Jahr lang diskutierten Expert*innen im Rahmen der Politikwerkstatt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“, wie das Potenzial der Präventionsaktivitäten optimaler ausgeschöpft werden könnte. Der Arbeitsprozess begann mit einer Auftaktveranstaltung am 24. Oktober 2023 und wurde im November 2025 abgeschlossen.

Die Politikwerkstatt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ hatte das Ziel, den Austausch der zentralen Akteure im Arbeits- und Gesundheitsschutz mit Expert*innen aus Sozialversicherungszweigen, Arbeitsschutz, Sozialpartnern und der Beratungspraxis zu stärken.  In den Werkstattgesprächen diskutierten sie an den Schnittstellen ihrer Aufgaben den Schutz, die Förderung und die Wiederherstellung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt. Besonderes Augenmerk lag dabei auf den Perspektiven kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), um bestehende Hürden und Erfolgsfaktoren für die Umsetzung praxisnah zu beleuchten.

Unter der Leitfrage: „Wie erreichen wir zielgerichtet, effizient und abgestimmt mehr Betriebe und Beschäftigte mit (vorhandenen) Präventions- und Rehabilitationsangeboten sowie Rentenleistungen?“ diskutierten die Werkstattteilnehmenden entlang von vier Schwerpunktthemen.

Der Arbeitsprozess

Der Arbeitsprozess startete im Oktober 2023 mit einer Auftaktveranstaltung bei der internationalen Fachmesse und Kongress für sichere und gesunde Arbeit „A+A“. Die Teilnehmenden waren sich einig: Es braucht mehr Vernetzung, damit Beschäftigte und Betriebe von Präventionsangeboten besser profitieren können.

Offensive Psychische Gesundheit

Im Rahmen der Offensive psychische Gesundheit haben sich im Jahr 2020 das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie über 60 Institutionen für eine Verbesserung der Zusammenarbeit ausgesprochen. Ziel der Politikwerkstatt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ ist es, dieses Vorhaben für die Arbeitswelt weiter auszuarbeiten.

Hier finden Sie die Aktivitäten und Ergebnisse der Offensive Psychische Gesundheit.

Mit einer Videobotschaft eröffnete Lilian Tschan, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Programm. Impulsvorträge aus der Wissenschaft und aus der Praxis von Jobcentern und Inklusionsämtern griffen anschließend aktuelle Zahlen auf und identifizierten Herausforderungen und Bedarfe zum Thema psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. In einer abschließenden Talkrunde diskutierten Vertreter*innen von Sozialversicherungsträgern, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden sowie aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem BMAS.

Ein Blick in die Werkstatt

Von Mai 2024 bis März 2025 diskutierten rund 50 Teilnehmende in vier virtuellen Werkstattgesprächen Maßnahmen zur Verbesserung der operativen und inhaltlichen Zusammenarbeit im Bereich der psychischen Gesundheit im Betrieb. Dabei standen sowohl die Beurteilung der Arbeitsbedingungen als auch Fragen der betrieblichen Wiedereingliederung und mögliche Vermittlungshemmnisse auf dem Arbeitsmarkt im Fokus. Im Mittelpunkt der Diskussion standen in allen Themenfeldern neben inhaltlichen Fragestellungen auch die praktischen Hürden in der Zusammenarbeit der Präventionsträger.

Die Themenschwerpunkte

  • In den letzten Jahren wurde viel ausprobiert, um KMU mit trägerübergreifenden Präventionsaktivitäten zu erreichen. Die Praxis zeigt jedoch: Die Erfassung psychischer Belastungen erfolgt häufig erst, wenn diese schon eingetreten sind.

    Die Werkstattteilnehmenden diskutierten, wie es gelingen kann, die Erfassung psychischer Belastung auf einer gemeinsamen arbeitswissenschaftlichen Basis proaktiver zu planen. Thema der Diskussion waren außerdem operative Hürden in der Zusammenarbeit der Träger. Am Beispiel eines regionalen trägerübergreifenden Netzwerkes für Gesundheit wurde aufgezeigt, dass die Rahmenbedingungen der einzelnen Präventionsakteure nicht nahtlos ineinandergreifen. Die gemeinsame Finanzierung von Projekten sowie die Koordination und längerfristige Kommunikation übergreifender Aktivitäten bedeuten für alle Beteiligten einen hohen Organisationsaufwand. Die Teilnehmenden diskutierten auch Perspektiven und Empfehlungen zur Förderung der Kooperationsbereitschaft unter den Trägern sowie dazu passende rechtliche, organisatorische und finanzielle Lösungsvorschläge.

  • Unter der Überschrift „Stay at Work“ wurde zur Frage diskutiert, wie „noch arbeitsfähige Beschäftigte“ – also Personen, die bereits erste Anzeichen einer möglichen Arbeitsunfähigkeit zeigen – unterstützt werden können. „Stay at Work“-Ansätze zeichnen sich durch ihren frühzeitigen Ansatz aus: Beschäftigte mit gesundheitlichen Einschränkungen werden so unterstützt, dass sie im Betrieb bleiben und nicht erst aus dem Arbeitsprozess herausfallen und später wieder eingegliedert werden müssen.

    Diskutiert wurden konkrete Ansätze zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für die Zielgruppe sowie der präventive Einsatz von Instrumenten der Frühintervention im betrieblichen Kontext, zum Beispiel die individuelle Beratung. Dabei wurde reflektiert, wie die Ansätze aus unterschiedlichen Leistungsbereichen besser mit dem Arbeitsschutz verknüpft werden können und welche Fragestellungen dazu arbeitswissenschaftlich erforscht werden sollten.

  • Unter der Überschrift „Back to work“ nahmen die Werkstattteilnehmenden das Management der betrieblichen Wiedereingliederung (BEM) von Menschen nach längerer Arbeitsunfähigkeit in den Blick.

    Sie erarbeiteten Möglichkeiten für einen verbesserten Zugang und zur Stärkung der Inanspruchnahme des BEM. Auch Lösungen für eine breitere Einführung und verbesserte Umsetzung des BEM auf Unternehmensseite standen im Fokus. Diskutiert wurden außerdem die Chancen einheitlicher Standards, sinnvolle Verknüpfungen mit dem Arbeitsschutz sowie die zentrale Bedeutung übersichtlicher Informationsangebote für relevante Akteure. Neben den Sozialversicherungsträgern wurde der Bedarf weiterer potenzieller Multiplikatoren, etwa Kammern oder Steuerberatungen, für die Implementierung von BEM-Prozessen diskutiert.

  • Die Integration psychisch erkrankter Menschen in den Arbeitsmarkt unter der Überschrift „Integrate into Work“ wurde in der letzten Werkstatt diskutiert. Im Zentrum stand die Frage, wie es gelingen kann, die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit psychischen Erkrankungen langfristig zu sichern.

    Die Teilnehmenden diskutierten Instrumente wie die „On-the-Job-Beratung“ für Arbeitnehmende, Arbeitgeber und das „Fallmanagement“. Als Lösungsansätze wurden unter anderem eine verbesserte Qualifizierung beratender Akteure sowie eine gezielte Koordination zur Schließung von Betreuungslücken vorgeschlagen.

    Für die bessere Zusammenarbeit von Rehabilitationsträgern und dem betrieblichen Arbeitsschutz diskutierten die Teilnehmenden die unterschiedlichen Prinzipien der betroffenen Rechtskreise und bündelten zentrale Anschlussstellen für eine bessere Verzahnung.

Die Fokusgespräche

Die Werkstattgespräche haben gezeigt: Das Überwinden struktureller, fachlicher und operativer Hürden für eine gemeinsame und gelingende Präventionsarbeit ist notwendig, aber kein Selbstläufer. Im Anschluss wurden die Lösungsansätze zur besseren Zusammenarbeit in Fokusgesprächen mit Vertreter*innen der Sozialversicherungszweige vertieft.

Die Ergebnisse werden in einem Abschlussbericht dokumentiert.

Ein praktischer Überblick: Das Projekt „Psychische Gesundheit – Arbeit – Prävention (PsyGAP)“

Das Programm ARBEIT: SICHER + GESUND (ASUG) hat die Politikwerkstatt gemeinsam mit dem Projektpartner systemkonzept GmbH konzipiert und durchgeführt. Um die Vielfalt bestehender Angebote zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt zugänglicher zu machen, hat der Projektträger PsyGAP ins Leben gerufen: Das Projekt strukturiert bestehende Leistungen der Prävention aus der Perspektive der Praxis, damit es insbesondere KMU leichter fällt, die Unterstützungsleistungen zu überblicken und in Anspruch zu nehmen.

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